Donnerstag, 10. November 2011

Portugal färbt ab

..... hoffentlich nicht auch auf mich! Für meine Bauarbeiten, hatte ich so weit es möglich war, Kontakt zu ausländischen Unternehmen gesucht, also Handwerkern, die aus Deutschland oder zu mindestens aus dem Europäischen Zentralraum kommen. Einerseits, dachte ich, es ist leichter mit der Sprache, die Leute wissen wovon ich rede und andererseits, erwartete ich höhere Qualität bei der Arbeit und kein Portugiesisches "Husch Pfusch"
Diese Ansichten muss ich gründlich revidieren, denn zum Teil sind die Ausländer potugiesischer als die Portugiesen!
Das fängt an bei Marc dem Engländer, der sich mit einem fröhlichen, "Na dann bis morgen" verabschiedet.
Im aller aller Besten Fall, sehe ich ihn auch am nächsten Tag wieder, meistens heißt aber, - na dann , bis morgen, er taucht in ein bis zwei Wochen wieder auf der Baustelle auf!
Der Portugiesische Tischler, ein Geschäftspartner von Marc, sollte Türen liefern. Paralell dazu, habe ich bei einem deutschen Tischler, Joachim angefragt. Ja, er nimmt Maß, kommt mit dem Katalog und sieht nach, welche Türen auf Lager sind, er wird sich mit einem Angebot melden. Nachdem der Portugiese noch immer nicht geliefert hatte, rief ich nach 2 Wochen wieder bei Joachim an. Ach, haste noch immer keine Türen, -bin grad in Lissabon, aber ich schaue Freitag vorbei.
Keiner kommt, - Sonntag steht er dann plötzlich auf der Farm, nimmt nochmals Maß, - ich rufe dich spätestens Montag oder Dienstag an!
 Er hat bis heute nicht angerufen, dafür kam gestern, der Portugiesische Tischler mit den Türen angeschnauft. Ein kleines altes Manderl mit Schnaps Nase und der dazugehörenden Fahne, aber die Türen sahen tadellos aus.
Hoppala, der kann ja kaum noch gerade stehen, wie will der nun eine Türe in der Waage und im rechten Winkel einbauen? Null Problemo, zehn Minuten später, saß der Türstock korrekt in der Wand, die erste verschließbare Türe in meinem Casa, - super!
Mein Portugiesischer Steinmetz ist auch mehr als verlässlich, liefert wirklich schöne Handarbeit, bemüht sich unendlich und selbiges konnte ich nun bei vielen kleinen Portugiesischen  Betrieben, feststellen. Sie sind freundlich, arbeiten schnell, sauber und zuverlässig.
Bei allen Ausländern, die natürlich im Endeffekt auch gute Arbeit liefern,- läuft so der Trend,- wir sind ja hier in Portugal, das darfst du nicht so eng sehen, Morgen oder Übermorgen, was macht das schon für einen Unterschied!
Mein Cid, bekam dieses,- ach nehmen wir nicht so genau, - auch schmerzhaft zu spüren.
Momentan werden gerade die Innenwände verputzt, geht ruck zuck, da ist die Mannschaft in ihrem Element, sie sind wirklich alle super Maurer.
Da es gerade regnerisch und trüb ist, fehlte natürlich Licht im Haus. Normale Baustellen Scheinwerfer gab es nicht, also bastelte Marc aus alten herumliegenden Scheinwerfern Beleuchtungen.
Plötzlich jaulte Cid lautstark auf und flüchtete zittern in meine Arme. ich blickte mich um und erkannte schnell die Ursache von Cids Gejammer, - eine Stromklemme lag ohne Isolierung am feuchten Zementboden, Cid hatte einen ordentlichen Stromschlag bekommen.
Hey Leute, so geht das nicht, das ist ja auch für Menschen gefährlich! Aber man lachte nur, schob ein kleines Stück Plastikfolie über die Leitung, das war es dann auch.
Ich achtete auf alle Fälle darauf, dass Cid das Haus nicht mehr betrat, solange gearbeitet wurde und zog Abends alle Stecker aus den Steckdosen.
Nächsten Tag hatte der Regen Pause und ich suchte mir im Garten Arbeit, das heißt, suchen brauche ich sie eigentlich nicht, ich habe immer nur die Qual der Wahl, was ich als nächstes machen soll, den alles schaffe ich so und anders nicht.
Ich entschied mich also fürs Schneiden der Olivenbäume. In den letzten Wochen und Monaten hatte ich immer wieder Informationen bei alten Portugiesen eingeholt, - der Olivenbaum, das ist eine Wissenschaft für sich, eine Lebensaufgabe und auch eine Lebenseinstellung! Alleine darüber könnte ich nun schon einen eigenen Blog schreiben.
Als ich vor Jahren in einem Gespräch mit Ruy Andrade, die Thuije als Lebensbaum erwähnte, meinte er, bei uns in Portugal ist die Olive der Lebensbaum, sie gibt uns Nahrung, sie gibt uns Licht und sie gibt uns Wärme, - sie hat eine unbändige Lebenskraft und die Weisheit vieler Jahrhunderte in sich gespeichert.
Nun ja, andere Länder andere Sitten, oder Kulturen,- doch vor einigen Tagen vielen mir seine Worte wieder ein.
Auf Helenas Koppel stehen schwarz und starr einige Baum Leichen. Die Pferde haben diese Bäume schon vor Jahren umgebracht, ich wollte sie eigentlich mit dem Bagger entfernen lassen, dachte jedoch dann, das sind eigentlich noch gute Kratzbäume für die Pferde, sobald sie umfallen, kann ich sie immer noch aus der Koppel ziehen.
Neulich, beim Abmisten der Koppel, dachte ich, was kommt den da für Unkraut aus den alten Stämmen, --doch siehe da, die Stämme selbst bekamen kleine grüne Blättchen, junge Triebe der alten Olive!
Nun da Helenas Pferde in ihrem Hunger nicht mehr jedes Fusel Grün vernichten, haben die toten Stämme wieder eine Chance, denn sie sind nicht tot, sie leben immer noch, ein wahrer Lebensbaum!
Ich schneide also sorgsam, so wie ich es gelernt habe, einen Olivenbaum, plötzlich höre ich aus dem Haus einen irrsinnigen Schrei, dann aufgeregtes Gerenne und Gerufe, wie setz dich hin oder so.
Ich lasse die Astschere fallen und stürze zum Haus, rufe beim Fenster hinein, alles in Ordnung?
Der kleine Paulo lacht mir entgegen, kein Grund zur Sorge, alles in Ordnung, Gusi ist nur auf die Klemme getreten und hat einen Stromschlag bekommen, - ist gut fürs Herz!
Nun ja, wie man es nimmt, ich würde tot umfallen!
Anschließend will ich den Stall für die Pferde fertig machen, - der nächste Regenguss kommt,- ich stehe im Unterstand und schaue verträumt in die Landschaft, meine Astschere habe ich immer noch in der Hand.
Schön diese grünen sanften Hügel unter den grauen Wolken, die Elektromasten dort am Horizont stören, wenn der Regen aufhört, gehe ich hinaus und zwicke sie mit meiner Schere ab, dann ist das Bild vollkommen!
Ich dachte das wirklich und wahrhaftig, allen Ernstes, bis es auf einmal Klick machte und ich wieder in der Realität landete und mir der Unsinnigkeit meiner Gedanken bewusst wurde! Hat mich nun auch schon der "Portugal Wahnsinn" gepackt der hier reihenweise die Ausländer befällt?
Wie auch immer, als ich Abends das Haus betrat, waren alle Elektro Leitungen fein säuberlich mit Isolierband umwickelt, - auch Ausländer sind lernfähig, ein ordentlicher Stromschlag fördert anscheinend das Denkvermögen!!!
Fortsetzung folgt

1 Kommentar:

  1. Liebe Helga,

    ja die Olivenbäume. Ich weiß auch nicht warum, aber ich habe mich seit meinem ersten Aufenthalt im südlichen Griechenland in diese Bäume verliebt. Keine sonst haben eine solch schöne Holzstruktur, keine sonst werden 2000 Jahre alt, keine sonst haben solch wunderbaren Stämme und die silbrig-grünen Blätter mit den grünen, dann schwarzen Oliven - für mich der Inbegriff von Präsenz, Schönheit, Standfestigkeit, und eben auch Überlebenskünstler. Ich freue mich sehr, daß auf Deinem Grundstück auch diese Bäume stehen.

    Ja, ja - wie heißt das schöne Sprichwort: wer nicht hören will muß fühlen - in Deiner Stromfalle kam das ja wieder mal ganz klar zum Ausdruck. Gut daß der Arbeiter ein starkes Herz hat. Mir tut nur der Hund leid, der es auch fühlen mußte.

    Bis zum nächsten Mal
    Christine

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