Donnerstag, 17. November 2011

Die wilde Jagd

Mit den vielen Sorgen um die Baustelle und nicht wissen wo ich zuerst anpacken soll, kommen die Pferde anscheinend zu kurz! Natürlich werden sie pünktlich gefüttert, ausgemistet und auf die Koppel gebracht, doch zum Arbeiten oder Spielen mit ihnen fehlt einfach die Zeit.
Das Handling mit Unico, nahm ich mit der Zeit immer lässiger, da ja jetzt Wallach. Als ich hier ankam, führte ich ihn noch brav mit Kapzaum und Gerte, dann nur mehr am Halfter, nach einiger Zeit dachte ich, Strick um den Hals tut es auch und in den letzten Wochen, habe ich ihm einfach nur den Koppelzaun geöffnet und gemeint, - geh schön in dein Casa, was er dann immer auch brav befolgte. Dort wartet ja auch Heu und Stroh und ein voller Futtertrog mit Hafer, Mais und Alfarobas.
Als ich Unico vor einigen Tagen Abends wieder den Zaun öffnen wollte, sprang er schon aufgeregt hin und her, Männchen machend und mit den Hufen scharrend! Na, du Indianerpferd, mit deiner roten Kriegsbemahlung, möchtest wohl noch etwas mit mir toben und Stierkampf spielen! Unico war voll dekorativ mit rotem Sand beschmiert und sah mir erwartungsvoll entgegen. Leider, leider, mein Guter, keine Zeit zum Spielen, - schau, ich öffne den Zaun und du gehst schön in dein Casa, heute warten sogar frische Karotten auf dich.
Anstatt wie üblich in seine Box zu trotten, fegte Unico aus dem Stand in vollem Galopp los, preschte an den Boxen vorbei und lief Richtung Haus. Ich nahm die Sache noch gemütlich, dachte er läuft höchstens bis zum nächsten Alfaroba Baum, und ging in Ruhe hinterher um ihn an der Mähne zu nehmen und in die Box zu führen. Doch kaum sah er mich kommen galoppierte er fröhlich weiter, mitten durch meinen frisch angelegten Palmengarten, Richtung Ausfahrt, und weg war er!
Jetzt wurde ich langsam munter, raste zurück zum Stall, schnappte Führstrick und einige Karotten und spurtete hinter Unico her. Er fegte über Nachbars Grundstück, buchstäblich über Stock und Stein, denn hier ist alles Verwildert! Ich sandte schon Stoßgebete zum Himmel, dass er nicht in einen alten Brunnenschacht fällt, oder sich sonst irgendwie verletzt. Plötzlich brach er ein, - ich dachte schon, jetzt ist es passiert, doch er war nur kurz in einem Sumpf stecken geblieben. Alle zurufe halfen nichts, Unico raste weiter und jetzt Richtung Straße. Oh mein Gott, um halb sechs ist da viel Verkehr, alle Leute fahren heim, wenn da ein Pferd aus den Büschen auf die Strasse springt, kein Autofahrer kann so plötzlich anhalten.
Cirio, der Gefährte von Unico hat uns gerettet. Plötzlich begann Cirio lautstark zu wiehern, richtig schrill und dringlich. Unico bremste ein, wendete auf den Hinterhand, raste Richtung Heimat zurück, flog in hohem Bogen über die Steinmauer, die das Nachbargrundstück begrenzte, erwischte unsere Einfahrt, und galoppierte weiter Richtung Koppel. In Sichtweite von Cirio blieb er stehen und begann gemütlich zu grasen. Mit zitternden Knien legte ich ihm den Strick um den Hals und führte ihn in seine Box.
Ja, mein Lieber, ich habe die Lektion verstanden, ich soll mehr Zeit mit dir verbringen, aber du musst mich auch verstehen, ich will endlich ordentlich wohnen und du musst dich etwas gedulden, die nächsten Wochen wirst du jedenfalls wie ein stupid horse am Halfter in die Box gebracht.
Cirio steht da, mit stolzgeschwellter Brust, schau wie brav ich bin, bin nicht ausgebrochen, obwohl der Kollege fort war! Ja danke, ich weiß es zu schätzen, du brauchst auch kein Halfter, wir gehen nur mit dem Strick um den Hals! Cirio schielt auf dem Nachhause Weg zu Unicos Box, da schau mal, so gehört sich das, ordentlich in die Box gehen!
Dies zum Thema Pferde und nun zum Thema Baustelle, die schwächelt gewaltig!!!
Ich werde immer mit leeren Versprechungen hingehalten, warum man dies und jenes jetzt noch nicht machen kann, ich habe lauter Fragezeichen im Kopf, können sie nicht oder wollen sie nicht? Es ist müßig, die Details zu beschreiben, das Dach hat immer noch keine Ziegel, der Baumeister glänzt mit Abwesenheit, die Arbeiter kommen nicht, weil sie angeblich nicht weiter arbeiten können, ich nehme mehr und mehr alles selbst in die Hand, verlege Steine, verfuge Fliesen, kalke die Wände, soweit schon verputzt und habe es diese Woche geschafft, dass endlich alle Steine für Fenster und Türen verlegt sind. Morgen kommt wieder Maestre Raposo und baut alle Türen und Fenster ein. Ich sehe dem entgegen wie Weihnachten, endlich wohne ich nicht mehr im Freien, kann abschließen, meinen Raumluftentfeuchter einschalten, alles wird trocknen!


Es gibt nichts Schlechtes, was nicht auch sein Gutes hätte, ich nutzte die Zeit der abwesenden Bauarbeiter für viele neue kreative Ideen. So gelang mir auch eine Lösung für meinen Torbogen,- an diesem Thema habe ich schon lange herum gekaut. Der Torbogen war um 5cm zu weit geraten, das heißt die Küchenmöbel hätten unschön hervor geschaut. Bei meinem tollen Steinmetz wurde ich fündig, als ich die Fensterbretter abholte, sah ich einen ganzen Berg schön gefärbter Steine. Als ich ihn danach fragte, sagte er, - das ist eigentlich nur Abfall, das sind die Sedimentschichten, die zwischen dem Marmor eingelagert sind, wir schneiden sie heraus, wenn wir die Marmorplatten für unsere Kunden anfertigen. Darf ich da etwas nehmen? Kein Problem, nehmen sie, was immer ihnen gefällt. Das war ein Wort, ich sortierte den ganzen Haufen durch und lud mir die schönsten Stücke ins Auto. Mit Hilfe von Paulo, zerschlug ich die Platten und wir bastelten eine schöne Steinwand, sehr speziell, in all den Gesteinsfarben der Algarve. Ich bin schon so gespannt, wie das Ganze zu meinen Küchen und Bodenfliesen passen wird, aber ich glaube es wird schön!
Jetzt muss mir nur mehr das Kunstwerk gelingen, meine unterschiedlich hohen Steine ansehnlich zu verfugen, aber es wird schon werden und wenn ich Monate daran herum werke!

Fortsetzung folgt.....

1 Kommentar:

  1. Ja, ja liebe Helga, bei Deinem Bericht über Unicos Einlagen - ist er eigentlich noch 4 oder wird er doch schon 15? ist mir gleich wieder mein Ausbruchserlebnis mit Pluto eingefallen. Das Herz rast, die Beine rennen und im Kopf gibts nur mehr Bilder von Katastrophen mit Auto, Stuten und dergleichen..... Aber eigentlich schön, wenn er in der good old Heimat soviel Lebensfreude zeigt.
    Das Foto mit dem Bogen und dem Steinemosaik - suuuuuper!!!! Ich will auch so was! Das peppt den Bogen erst so richtig auf. Übrigens finde ich dauernd tolle Fliesen, nur wie die nach Portugal bringen??
    Bin in Gedanken bei Dir.
    Christine

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