Dienstag, 6. Dezember 2011

Die Baustellensprache

Abgesehen davon, das wir uns hier alle in einem dauernden Wechsel von Deutsch, Englisch und Portugiesisch unterhalten, ich außer baulichen Fachausdrücken, mein Portugiesisch kaum verbessere, - muss ich noch lernen, dass gesprochene Worte auf der Baustelle, eine andere Bedeutung haben!
Mein Portugiesisch leidet insofern, - da meine Gesprächspartner zum Teil den ärgsten Dialekt sprechen, oder Bulgaren sind, die ihre eigene spezielle Aussprache haben! Wenn sie mal wieder den Kopf schütteln, weil ich eine Schere bringe anstatt des gewünschten Besens, - sage ich oft im breitesten OÖ Dialekt, - red halt gscheit Burli, dan kriegst an Besn und ka Scher!
Man weiß ja nie wozu es gut ist, ich kenne jetzt jedenfalls alle Portugiesischen Wörter für diverse Werkzeuge, Ziegel, Verputz, Fliesenkleber, Fugenmasse, Wasseranschlüsse, Abflüsse, Sand, Kies, Beton, Zement, Farben, Lasur und was man sonst noch alles braucht!
Salonfähige Konversation kann ich damit keine machen, aber vielleicht bekomme ich einmal einen Job als Baustellen Managerin.
Die spezielle Bedeutung der Baustellensprache, wird vielleicht mit meinem Geberit klar, der hier seit Wochen ein Thema ist. Ein Geberit ist ein WC Spühlkasten, der in die Wand eingebaut wird, bei uns in Österreich kein Thema! Da mein Bad winzig klein ist, kaufte ich einen Geberit, spart zumindest 30cm der Grundfläche!
So vor ungefähr 2 Monaten meinte ich, in die Badezimmerwand, muss noch ein Platz für den Geberit gestemmt werden. Ja, machen wir sofort, dazu brauchen wir aber erst den Geberit!. Ich rufe den Fliesenhändler an, - mein Geberit ist doch schon da, wir würden ihn dringend brauchen! Der gute Mann setzt sich nach Geschäftsschluss noch ins Auto und bringt den Geberit.
Daurauf hin stand der Geberit, fein säuberlich verpacht, wochenlang in den Pferdeboxen. In die Wand wurde zwar ein Loch gestemmt, gleich durch die ganze Wand durch, aber gerade so hoch, dass der Hund durchlaufen konnte und niemals ausreichend für einen WC Spühlkasten.
 Wenn ich Paulo fragte, wann baust du jetzt den Geberit ein, bekam ich regelmäßig zur Antwort, - am Montag.
Lernschritt Nummer eins, wenn sie sagen am Montag, heißt das keinesfalls am Montag sondern = irgendwann in sehr ferner Zukunft!!!!
Lernschritt Nummer zwei, wenn sie sagen, der Kasten wird eingebaut, heißt das noch lange nicht, dass sie auch wissen, wie man das macht!
Irgend wann wurde es mir zu blöd, die Abende werden zunehmend kalt, - ich habe keine Lust, des Nächtens im Finstern in mein unbeheiztes Außenbad zu stapfen, schließlich bin ich ja nicht zum Kneipen an die Algarve gekommen! Also fragte ich Marc, hast du schon einmal einen Geberit eingebaut? Ja viele, kein Problem.
Ich dachte nur, mein guter Mann, solche Geschichten kannst du deiner Großmutter erzählen, falls du je einen Geberit eingebaut haben solltest, würdest du mit einem Blick sehen, dass das Loch viel zu weit unten ist!
Ich erkundigte mich beim Fliesenhändler nach einem guten Installateur, der kam dann auch sofort, baute den Kasten in 3 Minuten zusammen und gab mir genaue Anweisungen in welcher Höhe was montiert werden muss.
Nun ging die Diskussion erst richtig los, die beigepackte Installationsanleitung wurde von Hand zu Hand gereicht, der Spühlkasten wurde mit Kopfschütteln hin und her gewendet, - ich musste den armen Installateur nochmals anrufen, damit er den Herren persönlich erklärt wie was eingebaut wird!
Jetzt sitzt der Kasten endlich in der Wand und das ganze Team ist von nun an Experte im Einbau von Geberits.
Ob die Sache auch funktioniert, wird sich in einigen Wochen weisen, wenn mein Bad endlich , endlich fertig ist!
Auch auf die Frage, - braucht ihr mich gerade, ich sollte schnell in den Ort fahren und etwas besorgen, höre ich regelmäßig, - nein, nein, kein Problem, fahre ruhig. Die richtige Antwort sollte heißen, ja wir brauchen dich dringend, du musst aufpassen, dass nicht irgend ein Blödsinn passiert.
Hallo Bruno, was machst du da? - das womit du die Wände streichst, das ist das Waschwasser für die Pinsel, die Farbe ist im anderen Kübel! Hilfe, welcher Wahnsinnige hat die Folie von meinen Möbeln weggezogen, da liegt jetzt der ganze Verputz auf der Politur! Gusi bist du irre, du hast meine neuen Schuhe auf den Boden geschmissen, jetzt hat der Hund einen zerkaut und ich habe sie noch kein einziges Mal getragen!
Whaa, ich bekomme gleich einen Schreikrampf, meine schöne Steinmauer an der ich 2 Sonntage lang mühsam gebastelt habe, ist komplett mit Fugenmasse verschmiert!
Ja, sie haben es nicht leicht die Jungs,- sie müssen dauernd auf mich und meine Wohnsituation Rücksicht nehmen. Auf einer normalen Baustelle könnten sie schalten und walten wie sie wollen. Doch ich bin Heilfroh, dass ich fast rund um die Uhr ein Auge auf die Arbeiten habe, ansonsten würde vieles nicht meinen Vorstellungen entsprechend gemacht.
Im laufe der Zeit waren gelegentlich auch Ausländer, die schon lange in Portugal wohnen, hier auf der Farm.
Wenn sie mitbekommen, dass ich hier unter diesen Umständen hause, denn wohnen kann man das nicht nennen, schaue ich immer in entsetzte, geschockte Gesichter! Es hat zwar noch keiner was gesagt, aber die Blicke sprechen Bände......die Frau tickt wohl nicht ganz richtig!
Standard ist hier, man Urlaubt, beneidet alle die hier leben, kauft irgendwann ein Grundstück, sucht sich einen Architekten, hat hier eine herrliche Phase, des Planens und Aussuchens, fliegt mit dem Gedanken an das schon fertige Traumhaus im Kopf, wieder nach Hause. Dort verbringt man eine weitere glückliche Zeit, - lebt in Gedanken schon sein neues Leben in der Traumvilla im Süden, - doch irgendwann kommt die Stunde der Wahrheit! Die Koffer sind gepackt, die Spedition rollt mit allem Hab und Gut in den Süden.
Alle Leute, denen ich erkläre, ich wohne jetzt unter diesen miserablen Umständen hier, weil ich die Bauarbeiten beaufsichtigen möchte, bekommen plötzlich einen finsteren Gesichtsausdruck. Die Erinnerung an das, was sie erwartete, als sie zum Ersten Mal ihr neues Zuhause betraten, lässt ihnen das Gesicht einfrieren!
Ich bekam die tollsten Geschichten zu hören!



Die Spedition mit unseren Möbeln konnte nicht zufahren, die Strasse war zu eng, es mussten erst 3 Bäume gefällt werden! Eigentlich sollte da eine Terrasse sein, den ganzen Tag sonnig und ein herrlicher Ausblick, jetzt steht die Garage hier, die Terrasse ist an der Nordseite des Hauses, man sieht nur die Gartenmauer, der Architekt meinte, das ist besser so, da ist es kühler! Eigentlich sollte das Wohnzimmer cremfarbene Fliesen haben, leider haben wir jetzt dunkelbraune, unser Designer meinte, das sieht wesentlich eleganter aus! Wir haben ein riesiges Badezimmer, es sollte eigentlich die Küche werden, aber sie haben die Pläne vertauscht, die Küche ist jetzt winzig und liegt hinter dem Schlafzimmer!
Trotzdem  meinte jeder, mit der Zeit gewöhnt man sich daran! Ich hatte auch durchwegs den Eindruck das alle glücklich in ihren nicht so ganz perfekten Häusern lebten, doch keiner denkt mit Freuden an die ersten Tage im neuen Haus zurück.
Dafür nehme ich gerne meine eingeschränkte Wohnmöglichkeit in Kauf, es ist eine Zeit die vorüber geht, ich werde später mit Lachen an die vielen lustigen Erlebnisse auf der Baustelle denken und vor allem wird es keine bösen Überraschungen geben!

Fortsetzung folgt........

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