Montag, 21. Mai 2012

Das Einfahrtstor

Tore haben in Portugal einen besonderen Stellenwert.
Bei meinen ersten Portugal Reisen, bewundert, bestaunt, belächelt, als Ärgernis empfunden, sehe ich mittlerweile die Einfahrtstore als Teil der Portugiesischen Lebenskultur.
So ärmlich kann man in Portugal gar nicht sein, dass man die Einfahrt zu seinem Grundstück nicht mit einem möglichst prächtigen Tor verschließt!
Anfangs zückte ich regelmäßig die Kamera, um die aufwendig gestalteten Einfahrten zu fotografieren.
Säulen, Türmchen, Ornamente, prächtiges Schmiedeeisen, herrliche Fliesen, mit den Initialen der Besitzer, man könnte meinen es ist die Einfahrt zu einem Schloss! Doch oft erwartet einem hinter dem Tor ungepflegtes Land, jede Menge Müll und ein herunter gekommenes Anwesen. Als Mitteleuropäer würde ich sagen, - außen hui, innen pfui!
Unangenehm war mir anfänglich auch, dass man sich überall für Besuche telefonisch anmelden muss, sonst steht man vor verschlossenem Tor, denn eine Glocke ist in den meisten Fällen nicht vorhanden!
Auch wenn man vereinbart um Punkt 14h vor dem Tor zu sein, hilft oft nur der erneute Griff zum Handy, - Hallo, ich bin jetzt da!
Anfänglich genoss ich es immer wieder zuhause in Österreich zu sein und ohne Komplikationen bis zu unserem Hof fahren zu können. Ich fluchte auch wie ein Rohrspatz über das dämliche Einfahrtstor der Quinta do Escaroupim. Ein simples Holztor, mit einem einfachen Eisenriegel verschlossen.
Jedesmal wenn man die Farm verlassen wollte, hieß es Auto anhalten, aussteigen, Tor öffnen, durchfahren, wieder aussteigen, Tor schließen.
Im Winter wurde die ganze Aktion noch verschärft, da im Bereich des Tores 30cm tiefe Wasserpfützen waren und man bei der Durchfahrt zittern musste, dass nicht der nächste Windstoß das Tor mit voller Wucht auf das Auto katapultierte! Ich hatte schon immer meine Steine parat um das Tor zu sichern und schaufelte permanent Kies in die Pfützen, damit meine Schuhe kein Wasser schöpften!
Doch wehe das Tor wurde einmal nicht ordnungsgemäß verschlossen, da war wirklich Feuer am Dach, - wie gefährlich, was da passieren könnte! Jeder könnte herein fahren, die Pferde könnten fortlaufen usw.
Ich fand das alles so lächerlich, das Tor hatte kein Schloss, also konnte ohnehin jeder herein fahren, wenn er wollte, und die Pferde würden maximal bis zum nächsten Grasbüschel laufen und sich nicht kilometerweit von ihrem Stall entfernen.
Doch ohne es recht zu bemerken, nahm ich langsam selbst portugiesische Züge an.
Im Zuge der Renovierung der Quinta do Escaroupim, wurde auch ein neues Tor gebaut. Das scheußliche alte Holztor wurde abgerissen und Quiem, der Bauarbeiter der Farm baute prächtige neue Säulen.


Es dauerte natürlich viele Portugiesische Wochen, bis das neue Tor geliefert wurde, die Einfahrt stand sperrangelweit offen! Ich musste insgeheim lächeln, denn plötzlich war es kein Thema mehr, dass Pferde davon laufen könnten, oder jeder einfach so, in die Farm fahren könnte.
Nachdenklich wurde ich allerdings über meine eigenen Gefühle! Auf einmal fühlte ich mich ungeschützt bei dem Gedanken, dass jetzt jedermann direkt geradeaus bis zu meinem Schlafzimmer vorfahren könnte und ich war richtig erleichtert, als das Tor endlich geliefert wurde!
Dabei bin ich durchaus kein ängstlicher Mensch, ich schließe niemals eine Türe ab wenn ich zuhause bin, weder zuhause, noch in einem Hotel, noch hier in Portugal.
Mein Bruder meinte ganz entsetzt, - na eines Nachts werden sie dich noch stehlen, - da er sah, dass mein Haustürschlüssel permanent außen steckt.
Ich konnte darauf hin nur antworten, - jetzt habe ich 5 Monate in dem Haus geschlafen, ohne überhaupt irgend eine Türe zu haben! Warum sollte ich jetzt plötzlich eine Türe zusperren, es ist ja ohnehin der Hund hier, der hoffentlich Wuff, Wuff, macht, wenn jemand kommt!
Trotzdem wusste ich vom ersten Tag weg, als ich die Quinta in Alportel kaufte, hier muss ein Tor her.
Dieses Tor wird nie abgeschlossen sein, das wäre lächerlich, denn jeder der unbedingt herein möchte, kann problemlos über die halb verfallenen Steinmauern gehen, man muss nicht einmal klettern, denn an manchen Stellen ist das alte Gemäuer nur mehr einen halben Meter hoch.
Vielmehr habe ich jetzt begriffen, dass so ein Tor die Energie der Farm beisammen hält und am ausfließen hindert. Hier sowie auch in Escaroupim ist die Einfahrt schnurgerade.





 Man baut sich auf den Farmen eine kleine paradiesische Welt auf und die unverschlossenen Einfahrten wirken für mich wie ein Spundloch aus dem alles wieder abfließt. Wahrscheinlich ist es ein unterbewusstes Wissen um die Gesetze des Feng Shui.




Nun habe ich endlich mein kleines, bescheidenes Tor, ich muss es nur mehr schön mit Farbe bepinseln, doch das hat, wie viele andere Kleinigkeiten, nun endlos Zeit.
Mit der Montage des Tores ist auch meine Baustelle endgültig geschlossen, ein perfekter Zeitpunkt um auch meinen "Baustellen Blog" zu schließen.
Es hat mich gefreut, dass so viele Freunde meinen Blog gelesen und mit mir gezittert, gelacht und gelitten haben, - im Gegenzug hoffe ich aber auch, dass ich vielen Inspiration war, ihr Leben frei nach ihren Wünschen zu gestalten.
Helga Auerbach

und wie immer, Fortsetzung folgt..... in Kürze in einem neuen Blog!


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